Hallo ihr beiden, wie geht’s euch nach der langen Fußballpause und wie war die Rückkehr auf den Fußballplatz?
Wagner: Sehr gut. Ich bin froh, dass es wieder losgeht. War eine sehr lange Pause. Für mich noch mehr, denn ich war als Spieler verletzt und damit komplett raus, weshalb ich mich dem Traineramt angenommen habe. Darin habe ich auch tatsächlich Spaß gefunden, bin jetzt aber doch froh, dass ich mich wieder schmerzfrei auf dem Platz bewegen kann. Es ist einfach ein schönes Gefühl wieder auf dem Platz zu stehen und den Ball dabei zu haben.
Wefringhaus: Es war schon außergewöhnlich. Es war das erste Mal für alle Trainer nach so einer langen Pause wieder einen Anfang zu finden. Ich denke, wir haben das die ersten Wochen ganz gut gesteuert. Wir haben Ausdauereinheiten komplett rausgelassen. Die Jungs habe ich vier Wochen nur mit dem Ball arbeiten lassen, kleine Spielformen, um wieder fußballerisch reinzukommen. Da hat man eben schon gemerkt, dass in den ersten zwei Wochen trotz niedriger Belastung schon einige Wehwehchen aufgetaucht sind. Aber man hat dann auch gemerkt, dass nach ca. 3 Wochen die Jungs wieder richtig reingekommen sind. Und nach den vier Wochen habe ich angefangen wieder straffer zu trainieren. Man kann also sagen, nach vier Wochen hat die normale Vorbereitung begonnen. Wieder in die Abläufe reinzukommen, das ist auch viel Routine. Das hat mir jetzt weniger ausgemacht. Wir mussten in den ersten Wochen viel Rücksicht nehmen auf die Gesundheit der Spieler.
Eugen, erstmal herzlich Willkommen beim MFV 08! Wie war der Einstand und was sind deine sportlichen und persönlichen Ziele?
Wagner: Vielen Dank. Der Einstand war gut. Ich wurde sehr gut aufgenommen, habe dann gleich auch auf dem Platz mitgezogen, jede Einheit mitgemacht, die ich privat und berufsbedient da sein konnte. Persönliche Ziele, ja erstmal gesund bleiben. Das ist das wichtigste. Ich weiß wie so eine Saison laufen kann, wenn eine Verletzung oder Erkrankung auftritt. Das ist für einen Spieler und auch für den Trainer, der auf einen baut das Schlimmste. Wenn man jemanden als Verstärkung holt und dann eine langwierige Verletzung auftritt. Das ist eine sportliche Katastrophe. Deshalb hoffe ich, dass ich gesund bleibe, dass die Spieler gesund bleiben und die Angeschlagenen gesund werden und vor allem, dass wir noch enger zusammenrücken. Ich hoffe auf eine richtig gute Saison. Das Potenzial, was ich bis jetzt gesehen habe, ist definitiv da. Die Truppe ist sehr homogen, engagiert. Was mir hier besonders gefällt, ist dass die Jungs tatsächlich durchziehen. Klar, du hast den einen oder anderen, der ein paar Wehwehchen hat, aber im Großen und Ganzen hast du kein Gejammer auf dem Platz. Das kenne ich schon anders. Und das ist als Trainer insbesondere sehr frustrierend, wenn du dir Gedanken bezüglich einer Einheit machst und motivierst bist und du merkst, dass nicht richtig mitgezogen wird. Das ist hier nicht der Fall. Und wenn das konstant so weiter geht, glaube ich schon, dass unser Vorhaben insgesamt gut wird.
Peter, mit Eugen hast du einen neuen Co-Trainer an der Seite, der zeitgleich auch als Spieler zum Einsatz kommen wird. Wie sind eure Aufgaben verteilt und worin siehst du die Vorteile, dass Eugen auf dem Feld bei der Mannschaft sein wird?
Wefringhaus: Eugen ist ganz neu und dadurch, dass er selbst noch spielt, kann er jetzt nicht so viele Aufgaben übernehmen, wie der Björn, der aus dem Spielbetrieb raus war und rein als Co-Trainer agierte. Wenn er zum Beispiel beim Aufwärmen fürs Spiel ist, kann ich ihn nicht zu andere Aufgaben abrufen. Außerdem muss er noch die Abläufe kennenlernen. Wenn dies geschehen ist, dann ist geplant, dass er auch Einheiten von mir komplett übernimmt. Ich habe schon immer gesagt, er ist nicht gekommen um ein paar Hütchen aufzustellen. Als Spieler ist er dann für mich der verlängerte Arm auf dem Platz und das war jetzt gerade auch im letzten Spiel gegen Gudensberg sehr wichtig, denn er war einer der besseren Spieler und hat seine Leistung abgerufen. Man hat gesehen, dass er auch mit 38 noch gut mitspielen kann. Er hat eine andere Perspektive als ich. Von außen beobachtest du 20 Spieler, deine eigenen und immer auch den Gegner. Er hat die Leute immer um sich herum, bekommt ein Gefühl für das Spiel auf dem Platz. Da versuchen wir uns auszutauschen. Natürlich liegt der große Teil noch bei mir, weil er wie gesagt noch neu ist und auch viel spielt, aber ich glaube das wird sich auch in der nächsten Zeit ändern. Ich möchte auch bewusst immer mehr abgeben.
Wie bewertet ihr die bisherige Vorbereitung? Was war gut und was hätte optimiert werden können?
Wagner: Ich habe schon ein paar Vorbereitungen mitgemacht, als Trainer jetzt erst vor kurzem beim FC Körle. Als Spieler macht man sich wenig Platte. Man bekommt einen Plan, guckt drüber, denkt: ,,Oh, da kommen Schweineeinheiten, scheiße!‘‘ Aber das wars auch. Und dann geht man auf den Platz und zieht das durch. Als Trainer ist das etwas ganz anderes. Da muss man mit Sinn und Verstand herangehen, damit das funktioniert, auch mit der Terminierung der Vorbereitungsspiele und der Gegnerauswahl. Das ist eine ganz andere Perspektive und Herangehensweise wie der Peter schon sagt. Bis jetzt finde ich, dass die Vorbereitung inhaltlich gut läuft. Im Gespräch mit Spielern habe ich schon geäußert, dass Peters Training auf sehr hohem Niveau abläuft. Da kenne ich auch andere Trainer. Das ist eine Messlatte, an der ich mich auch messen muss. Für mich liegt die besondere Chance darin von Peter zu lernen. Das ist auch ein Grund warum ich hierhergekommen bin. Ich kenne ihn ja schon ein paar Jahre als Spieler und als Trainer bei anderen Mannschaften, aber nicht als aktiver Spieler unter ihm. Das ist qualitativ sehr gut. Die Jungs nehmen das auch super an. Habe das ja schon eingangs gesagt: Man merkt das daran wie engagiert sie mitmachen, weil sie auch wirklich was davon haben und sehr viel lernen. Wenn man eine Einheit absolviert und sieht, dass das nichts bringt, agiert man lustloser und unmotivierter, anders als wenn man denkt: ,,Oh geil, wieder was Neues gelernt, ich komme hier vorwärts.‘‘ Verbesserungswürdig ist die Verfügbarkeit der Spieler. Das ist aber sicherlich in allen Vereinen im Amateurbereich so. Spieler sind im Urlaub, verletzt, in der Schicht, oder haben einfach ein Formtief. Als Trainer hat man nie alle punktgenau bei jeder Einheit da, auch bei den wichtigen Einheiten, wo man als Trainer sagt: ich brauche alle 18 Spieler, die spielen wollen. Die hat man dann aber nicht und kann auch die Positionen nicht richtig durchspielen. Ich glaube nicht, dass es dafür eine angemessene Lösung gibt. Da müsste man eine Urlaubssperre einführen, aber das geht nicht in dieser Liga oder generell im Amateurbereich. Wir sind keine Profis. Das ist das Einzige, was man optimieren könnte. Ansonsten finde ich, dass es gut läuft. Ich freue mich schon auf die nächsten zwei Wochen und auf den ersten Spieltag.
Welche Herausforderungen seht ihr auf die Mannschaft zukommen?
Wefringhaus: Ich kann jetzt schon sagen, was das Problem wird. Eugen hat das schon richtig erkannt: Der Einsatz der anwesenden Spieler in den Trainingseinheiten, ist sehr gut. Wir lassen auch wenig zu, dass sich Spieler zu sehr rausnehmen, weil wir immer hinterher sind. Was bei uns jedoch eine absolute Katastrophe ist und das kann auch so gedruckt werden, ist Kontinuität. Absolute Katastrophe. Da haben die Jungs rein gar nichts dazugelernt aus der letzten Vorbereitung. Das wird uns im Laufe der Saison auch wieder einholen. Sie stecken sich immer selbst hohe Ziele, sehen aber leider nicht, welch miserable Kontinuität einige Spieler haben. Das heißt konkret: wir sind 20 Feldspieler und am Ende kann man an einer Hand abzählen, welche Spieler die komplette Vorbereitung von vorne bis hinten so durchgezogen, dass es über eine Halbserie passt. Das wird uns bitter einholen. Wir werden wieder mit Verletzungen zu kämpfen haben. Es wird Spieltage geben, an denen wir wieder alles zusammenkratzen müssen. Was gegen Gudensberg passiert ist – keine richtigen Auswechselspieler- das kommt auch in der Serie unter Umständen auf uns zu. In der Serie, wenn zum Beispiel anstelle von Gudensberg Wabern kommt oder Eintracht Baunatal und wir an dem Tag nicht die richtige Zusammenstellung haben, ist die Wahrscheinlichkeit nicht gering, dass wir auf die Fresse bekommen. Wir waren heute ein kleiner Haufen im Training. Da wird gut gearbeitet. Man merkt auch, dass die Leute, die regelmäßig da sind, die sind auch richtig fit und die kommen auch vorwärts. Ich habe heute gesagt: ich orientiere mich an 5 Leuten, wo es eigentlich 15 sein sollten und das ziehen wir durch. Auf alles andere nehme ich auch keine Rücksicht mehr.
Worin liegt die mangelnde Kontinuität eurer Meinung nach begründet?
Wagner: Es ist meiner Meinung nach ein Generationsproblem. Ich habe das auch schon in den letzten Jahren beobachtet. Ich kann kurz berichten: Mit 17 Jahren saß ich, neben mir Peter auf der Kabinenbank, und habe unter mich geschaut, weil ich mich nicht getraut habe, irgendein Wort zu sagen und war einfach nur froh, dass ich da sein durfte in der Schmiede von Lohfelden. Ich wollte jedes Training machen, habe alle genervt. Mein Vater musste mich zu jedem Training fahren. Da war man geil auf Fußball, auf Training. Heutzutage habe ich das Gefühl, dass die Ablenkung groß ist, dass andere Sachen wichtiger sind als Fußball. Das geht schon in der Jugend los, auch mit den Eltern. Bin ja auch noch Jugendtrainer nebenbei und da diskutiert man teilweise Stunden, wie die Kinder denn überhaupt zu der Sportart stehen. Dass es sinnvoll ist, regelmäßig ins Training zu kommen. Dass sich die Trainer auch etwas überlegen und die Spieler entwickeln wollen, vor allem auch mannschaftlich und nicht nur individuell. Ernährung ist auch ein Thema und alles was dranhängt. Das ist alles ein bisschen weichgespült. Die letzten Jahre habe ich das selbst gemerkt. Bin 37 und werde 38, mache das also auch schon ein paar Jahre und ich merke definitiv, dass von der Jugend nicht mehr die Geilheit da ist, wie ich das gewohnt bin. Das ist die Schwierigkeit dabei. Den Spielern geht der Fußball nicht mehr vor. Damals in der Verbandsliga in Lohfelden war meine Motivation einen Stammplatz zu kriegen, um vielleicht auch einen Schritt weiter zu machen. Heute weiß ich nicht was die Jungs motiviert oder antreibt.
Wefringhaus: Ich sehe das auch so. Das ist kein hausgemachtes Problem in Melsungen. Ich finde auch, dass man da als Trainer reden kann, wie man will, weil sich vieles über Jahre eingeschliffen hat. Da redet man sich den Mund fusselig. Mich ärgert das halt maßlos. Man macht sich Gedanken, investiert unglaublich viel Zeit und dann stehen da nur 10 Spieler, wo man 15 bis 20 braucht, um sich wirklich gut vorzubereiten. Ich sehe da jetzt aber auch keine Lösung.
Peter, du gehst jetzt in deine dritte Saison mit der ersten Mannschaft des MFV 08. Wie sehen deine mittelfristigen persönlichen Ziele aus?
Wefringhaus: Das ist jetzt mein drittes Jahr aber im Endeffekt habe ich noch nicht so viele Spiele gemacht. Und selbst jetzt im dritten Jahr fängt es wieder so zerpflückt an mit der Vorbereitung. Von daher bin ich immer vorsichtig optimistisch. Ich bin kein Träumer, weil ich auch schon etwas länger dabei bin und ich vertraue dem was ich sehe. Da hapert es bei einigen. Von daher bin ich nicht übermäßig optimistisch oder eher vorsichtig optimistisch. Wir müssen jetzt halt aufpassen mit Corona, dass wenn nur eine Halbserie gewertet wird, dass wir schnellstmöglich punkten. Darum wird es gehen. Ich will jetzt hier keinen Traumfußball sehen. Es geht rein um Punkte. Das ist das Ziel für die dritte Saison. Einfach alles ausblenden, egal ob schön oder dreckig, es müssen Punkte her. Dementsprechend werden wir dann auch ein System ausarbeiten mit dem Hauptaugenmerk stabil zu stehen. Wir können also erstmal keine großen Experimente fahren.
Eure Einschätzungen zu dem was die Mannschaft gegen Altenlotheim am ersten Spieltag zu leiste in der Lage ist?
Wefringhaus: Wir haben ja schon unsere Erfahrungen mit Altenlotheim gesammelt. In der letzten Saison war das unser erstes Heimspiel. Das haben wir gleich 4:1 verloren. Auch begonnen, ähnlich wie gegen Gudensberg und dann das ganze durch leichtfertige Fehler aus der Hand gegeben. Erstmal ist es wichtig welche Mannschaft auflaufen kann. Dann müssen wir direkt sehen, dass wir gegen Altenlotheim eine gute Qualität auf den Platz bekommen. Also die Waldecker Mannschaften sind alle sehr unbequem und darauf werden wir die Mannschaft auch einstellen. Es ist immer schwierig dagegen zu spielen. Aus meiner Sicht wird es kein Leckerbissen werden. Es wird mit Sicherheit ein Kampfspiel werden mit weiterhin nicht so einfachen Bedingungen vor Ort. Davon kann man ausgehen und natürlich erstmal nicht in Rückstand geraten, das Spiel so lange wie möglich offenhalten, um ein paar Floskeln einzubauen.
Zu guter letzt: Wie bewertet ihr die Abgänge und Zugänge zu dieser Saison?
Wefringhaus: Insgesamt haben wir da einen Sprung nach vorne gemacht. Keinen Quantensprung oder so, dass wir zwei Toptorjäger auf Verbandsliga-Niveau haben, aber ich glaube, dass wir mit dem Maurice, der ein ganz feiner Kerl ist, mit Eugen sowieso, gute Verpflichtungen haben. Beim Nils müssen wir noch ein bisschen arbeiten und schleifen und der Olli, der muss noch ein bisschen ruhiger werden, ist aber auch ein guter Torwart. Da haben wir auf gar keinen Fall Qualität verloren. Wir müssen jetzt nur mal alle gemeinsam ran. Wir können uns nicht mehr vier Wochen einspielen. Das ist das was mich maßlos ärgert in dieser Vorbereitung, dass man keine Konstanz in der Aufstellung reinbekommt.
Wagner: Die klassische Generalprobe fehlt, weil man nicht die erste Elf verfügbar hat.
Wefringhaus: Leider sind das zurzeit alles Wunschvorstellungen, aber wir zeigen uns kämpferisch und stellen uns auf die Gegebenheiten ein.
Vielen Dank für eure ausführlichen Antworten. Wir wünschen euch viel Erfolg für den Saisonstart am 15.08.21 gegen den TSV Altenlotheim!